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15.02.2021

Weil wir ja alle viel Zeit zuhause verbringen, möchte ich euch heute einen Autor ans Herz legen, der es leicht auch mal auf 600 Seiten bringt.

David Mitchell ist mir das erste Mal bewusst als Autor der Romanvorlage von Cloud Atlas begegnet, dem einzige Film, den ich sofort ein zweites Mal angesehen habe (eine deutsch-amerikanische Coproduktion mit u.a. Hugh Grant, Bruce Willis und Halle Berry). Ich habe dann das Buch gelesen und es hat mir auch gefallen, obwohl es ganz anders ist als der Film.

Jetzt gerade habe ich „The Bone Clocks“, „Die Knochenuhren“ gelesen, für den Mitchell 2015 den World Fantasy Award erhielt. Letzteres könnte den ein oder anderen verleiten zu sagen: dann ist das nichts für mich. Aber Mitchell gelingt es in diesem Buch verschiedene Zeiten der jüngeren Vergangenheit präzise, ironisch und lebendig nachzuzeichnen. Die Geister, die in weiten Teilen des Buches durchaus nur der Einbildung entsprungen sein können, sind nicht so wichtig. Sie wecken vielleicht Neugier, aber sie lenken nicht von der eigentlichen Geschichte ab. Die echten Menschen sind es, denen man folgt, wie in jedem anderen Roman auch. So wurde dieser Roman auch für den Booker Price nominiert, dem führenden Buchpreis der englischsprachigen Welt (so die Selbstbeschreibung).  

Wie in seinen anderen Romanen auch reiht Mitchel mehrere Episoden aneinander, die nicht nur zu verschiedenen Zeiten spielen, die Perspektive wechseln und andere Figuren in den Mittelpunkt stellen, sondern auch in völlig verschiedenen Schreibstilen ausgeführt sind. Einige wenige Charaktere tauchen dabei mehrfach auf, aber in anderen Konstellationen, mal als Erzähler, mal als Nebenfigur, mal als Protagonist. Wie in einem Puzzle setzen sich so sechs verschiedene Sichtweisen zu einem Gesamtbild zusammen. Holly Sykes, eine fünfzehnjährige Ausreißerin beginnt den Reigen, Hugo Lamb eloquenter Cambridge Student berichtet über sein wildes Leben, ein Kriegsberichterstatter muss zwischen den Bedürfnissen seiner Familie und seiner Berufung wählen. Es folgt eine besonders komische Satire über einen alternden, ehemals wilden, jetzt erfolglosen Schriftsteller. Eine Actionsequenz, der ultimative Krieg der Geister, Gut gegen Böse, mündet schließlich in einer wieder sehr realistischen Dystopie, hervorgerufen durch Probleme, die uns wohl bekannt sind: Brexit, Schweinepest, Zusammenbruch der Versorgungssysteme…

Mitchel passt seine Sprache meisterlich den verschiedenen Ich-Erzählern an. Die schwer verliebte Holly Sykes ist genauso glaubwürdig wie Hugo Lang oder der alternde Schriftsteller.

In seinen Romanen untersucht Mitchell immer die Zusammenhänge oder Gegensätze von persönlichen und universellen Moralvorstellungen, wie sich eigene Interessen und die der Gemeinschaft oder Gesellschaft oder dem menschlichen Überleben überhaupt in Einklang gebracht werden können. Die tiefschürfenden Gedanken kommen aber gut verpackt in Ironie, Slang, praktische Intelligenz.

Das macht einfach Spaß zu lesen und bevor wir uns mit dem beschäftigen, was uns gerade keinen Spaß macht, ist das Lesen eine perfekte Ablenkung.

Viel Vergnügen

Emma Peters

23.12.2020

Am letzten Freitag habe ich den Stift weggelegt für dieses Jahr. Auch vom Schreiben muss es manchmal eine Pause geben. Ich habe in den letzten Wochen ziemlich gekämpft mit meiner „Tess“, der Protagonistin des Buches, an dem ich gerade schreibe.

Eine der Schwierigkeiten ist, dass Tess kein sehr liebenswerter Mensch ist, jedenfalls dem ersten Anschein nach. Oft gelingt es mir nicht gut, mich in sie hineinzuversetzen. Ich will so nicht sein. Dann ist alles, was ich schreibe oberflächlich, klischeehaft.

Um trotzdem weiterzukommen, habe ich mich einem anderen Erzählstrang zugewendet. Dieser besteht nur aus Dialog. Den habe ich jetzt abgeschlossen. Die Frage ist, erkennt man die Menschen hinter den Worten?

Dann spukt mir im Kopf herum, dass eine Kritik an Käthe war, dass die Sprache altmodisch klingt. Nun, das sollte sie auch. Käthe lebt vor hundert Jahren. Sie denkt nicht modern. Sie spricht nicht modern. Aber klingt meine Tess jetzt anders? Das sollte sie. Sie ist jung. Es ist 1982. Was hat sich in der Sprache verändert, einmal abgesehen von einzelnen Vokabeln in der Umgangssprache?

Ich könnte mich natürlich wieder einmal im Research verlieren. Im Moment lese ich viel darüber, wie sich das Denken über Strategie im Unternehmen und das Umfeld von Private Equity entwickelt haben, was beides möglich und notwendig gemacht hat. Aus der Perspektive des Historikers ist das vieles klarer als es beim Erleben und Durchleben war. Einige der Anekdoten wecken sentimentale Erinnerungen.

Konkrete Pläne fürs nächste Jahr habe ich keine. Ich werde schreiben, das ja. Lesungen? Sobald sie wieder möglich sind. Vielleicht ein Schreibworkshop. An einem ruhigen, malerischen Ort. Gleichgesinnte treffen. Wir werden sehen.

Ich wünsche euch jedenfalls ein trotz aller widrigen Umstände frohes Fest. Möge 2021 euch für alles entschädigen, was ihr 2020 verpasst habt. Oder euch die Einsicht schenken, dass das nicht nötig ist. Passt gut auf euch auf und auch auf einen anderen, wenn ihr könnt.

Emma

9.11.2020

Nicht viel Zeit? Eigentlich schon Lust mal Prosa zu lesen, aber muss es gleich ein dickes Buch sein?

Ich selbst mag Schmöker, erlebe gerne die Welt mit anderen Augen. Aber mir sind auch immer wieder einmal kürzere Texte begegnet, in die ich mich regelrecht verliebt habe.

Kurze Texte versuchen die Beziehung zwischen zwei Menschen auf ihre Essenz zu reduzieren, oft auch ohne „den Elefanten im Zimmer“ überhaupt ausdrücklich zu erwähnen.

„Hills Like White Elephants“ von Ernest Hemmingway tut dies meisterlich. Ein Mann und eine Frau warten in einem Bahnhof in Spanien und trinken Bier und Anislikör. Er will etwas und Sie? Lies selbst…

Recht passend zu einer Zeit, in der wir gezwungen sind, viel mit uns allein zu sein, ist Stefan Zweigs Schachnovelle. Ich bin wieder darauf gestoßen, weil einer meiner Charaktere in meinem neuen Buch Schachspieler ist. Hier rettet das Schachspiel den Protagonisten vor den Nazis, aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende…

Wenn deine Interessen mehr in Richtung Krimi und Horror tendieren, ist vielleicht „Lethal“ von Joyce Carol Oates etwas für dich. Ein Monolog, zärtlich, ein Liebhaber? Null Distanz. Oates wird übrigens immer mal wieder als Anwärterin für den Literaturnobelpreis gehandelt. 

Neil Gaiman kennt man eigentlich am besten als Coautor von Terry Pratchet in „Good Omens“. Sein Interesse gilt Göttern und Sagen, Welten, die eher im Fantasy Bereich anzusiedeln sind. Aber von ihm ist meine allerliebste Liebesgeschichte: „The October Tale“ über einen Flaschengeist, der drei Wünsche gewähren kann.

Viel Freude beim Lesen!

Emma

3.10.2020

Gestern habe ich endlich mal wieder eine Lesung veranstaltet im Weinort Randersacker, unter freiem Himmel zwischen frisch angesetzter Maische und Weinfässern.

Eine Frage, die aus dem Publikum kam, hat mich noch weiter beschäftigt: hat man als Autor eine bestimmte Botschaft vor Augen, die man dem Leser vermitteln möchte? Es ist richtig, dass eine Geschichte immer eine Moral vermittelt, allerdings geschieht dies nicht immer ganz bewusst. Die Haltung der Autorin, ihre Gedanken, die Themen, die in ihrer Geschichte zentral sind oder gestreift werden, färben die Charaktere und auch die Situationen, in denen sich die Charaktere wiederfinden.

Das, was einen Roman von anderen Ausdruckformen unterscheidet, ist, dass er es uns als Lesern ermöglicht, uns in eine andere Person hineinzuversetzen, deren Emotionen wie die eigenen zu empfinden und deren Erfahrungen als die eigenen zu machen.

Die Grundidee eines Romans kann man so in einer Formel fassen: Ein Protagonist, der vor diese existentielle Wahl gestellt, sich so verhält, erreicht sein Ziel, wobei dieses zwei Seiten hat, den sehnlichen Wunsch, auf den sein bewusstes Streben gerichtet ist und ein wesentliches oft moralisches Bedürfnis, das damit einhergeht oder ihm diametral entgegengesetzt ist. Im zweiten Fall muss der Protagonist „einen Tod sterben“ und wir leiden mit ihm.

Nicht immer ist dieses Dilemma beim Schreiben von Anfang an klar, manchmal muss man seinen Charakter erst kennenlernen, um zu verstehen, wie dieser sich entscheiden würde. Und auch der Leser überlegt mit: wie würde ich mich entscheiden. Ferdinand von Schirach hat das in einigen Theaterstücken so weit getrieben, dass er das Publikum abstimmen lässt, wie sie sich entscheiden würden, bevor er sein Ende präsentiert.

Insofern ist es weniger Botschaft, die von Anfang an klar ist, sondern das Dilemma, in dem der Protagonist am Ende steht.

Für meinen neuen Roman arbeite ich genau daran, denn das Dilemma, darf nicht zu früh deutlich werden, aber am Ende muss es unausweichlich sein. Also denke ich darüber nach, wie ich das Dilemma verhüllen kann oder wie ich es erst langsam entstehen lasse. Das ist harte Arbeit, jedenfalls im Vergleich zu der anderen schriftstellerisch relevanten Beschäftigung.

Ich binge-watche (neudeutsch für ausgiebigen Konsum) die alten Helmut Dietl Serien „Münchener Geschichten“, „Monaco Franze“ und „Kir Royal“, natürlich mit Notizblock, denn „Tess“, das ist der Arbeitstitel, spielt in den achtziger Jahren in München. Ich war ja da, aber was man so alles vergisst…

Ich glaube, diese Lesung bei der Lese hat nicht nur mir Spaß gemacht und ruft nach Wiederholung. Kennst du eine Leserunde oder einen Lionsclub, der für solch eine Veranstaltung offen ist, in Person oder online? Ich bin zu allen Schandtaten bereit.

Stefan und Eva ein herzliches Dankeschön für die Einladung auf dem Martinshof und die Schaffung einer so behaglichen Atmosphäre. Ich wünsche euch noch viele gelungene Salongespräche, einen tollen 2020ger und viele, die ihn gerne probieren möchten.

Viele Grüße

Emma

10.9.2020

Julie Zeh, Unterleuten

Wessen Wahrheit ist die wahre? Wer hat Recht?

Julie Zeh, der Name war mir inzwischen so oft untergekommen, dass ich neugierig war, „Ins Buch hineingeschaut habe“. Auch, dass hier jemand schreibt, der auch noch einen richtigen Beruf hat – Julie Zeh ist Verfassungsrichterin in Brandenburg – hat mich als möglicherweise verwandte Seele angesprochen.

 Ein Windkraftwerk soll gebaut werden. Wie überall sind einige der Unterleutener dafür, andere dagegen, alte Konflikte bekommen eine neue Dimension. Der Stempel „Gesellschaftsroman“ ist zwar technisch korrekt angewendet, schließlich beschreibt Juli Zeh präzise die Dynamik eines typischen deutschen, brandenburgischen Dorfes, wird aber dem Buch doch nicht gerecht: wider alle Erwartung ist es spannend.

Alles beginnt mit dem Unfrieden, den ein engagierter Vogelschützer stiftet: eine Koppel darf nicht gebaut werden, eine Werkstatt nicht erweitert werden, jedes Bauvorhaben muss erst über seinen Tisch. Gerade wenn man denkt, man weiß, worauf die Geschichte hinausläuft – Vogelschutz gegen Windkraft, rücken ganz andere Animositäten und Konflikte in den Vordergrund, auch zwischen Mann und Frau, Mann und Tochter. „Wie kann das gut gehen?“ hält den Leser gefangen. Nur das letzte Kapitel ist unnötig, hält die Spannung nicht.

Erst glaubt man, die Hauptfigur sei der Vogelschützer, schließlich ist das erste Kapitel aus seiner Perspektive geschrieben. Aber so wie sich die Blickwinkel ändern, man einen anderen, vielleicht objektiveren Blick auf den Vogelschützer erhält, ändert sich auch die Hauptperson. Keine ist nur Held, jeder hat richtig unsympathische Seiten. Jeder hat seine eigene Wahrheit, jeder hat Recht, jeder ist Held seiner eigenen Geschichte. Keiner ist schlecht, weil er schlecht sein will. Jeder ein Teil der Kraft, „die stets das Gute will und stets das Böse schafft“.

Diese Distanz ist es, die manche an dem Buch kritisiert haben. Die Theorie sagt schließlich, dass jeder Roman einen Protagonisten braucht. Ich finde, „Unterleuten“ ist auch ohne Protagonisten spannend und dass ist für mich eine besondere Leistung.

Da die Erzählperspektive so häufig wechselt, so viele Personen zu Wort kommen, gewinnt man ein sehr intensives Bild der Beziehungen und Konflikte. Jeden der Charaktere kann man verstehen, aber zu keinem wird intensiv Empathie aufgebaut, so dass man das Dorf aus einer gewissen, auch amüsierten Distanz erlebt. Jede Figur hat eine andere Expertise und Vokabular und Metaphern ändern sich entsprechend. Dahinter steckt viel Recherche und Beobachtung. Köstlich!

Ich bin ziemlich begeistert, schon auch weil ich mich auch mit dem Thema unterschiedlicher Wahrheiten auseinandersetze. Aber vielleicht kennt ihr Juli Zeh längst?

Viele Grüße

Emma

12.8.2020

Nach vierzehn Tagen Ferien, also ausgedehnten, gemütlichen Mahlzeiten an einem langen Tisch mit Kindern und Freunden, heißen Diskussionen über unseren Beitrag, die Welt zu retten, Sonne, Wein und Käse, viel Käse, juckt es mir jetzt wieder in den Fingern weiterzuschreiben.

Im Hinterkopf habe ich auch im Urlaub mit ein paar Ideen gespielt, die Geschichte ganz anders aufzurollen, die Erzählreihenfolge zu verändern, verschiedene Perspektiven einzuführen, vielleicht eine Art Krimi daraus zu machen – ich liebe Krimis, wie ihr vielleicht schon gemerkt habt. Da passt die nächste Aufgabe, die ich mir ja schon vor den Ferien gesetzt hatte, ganz gut: die eigene Geschichte der anderen Hauptcharaktere zu schreiben, so wie sie sich selbst sehen, zu verstehen, wer sie sind und wie sie ticken. Da ist dieser Amerikaner, der feststellt, dass die Welt komplizierter ist, als er gedacht hat; die junge Frau, der das Glück zuzufliegen scheint; der jüngere Bruder, den die Freundin der Schwester fasziniert. Ich freue mich richtig darauf.

Natürlich habe ich im Urlaub viel Zeit mit Lesen verbracht. „The Luminaries“ von Eleanor Patton, über 800 Seiten, fängt langsam an, ist dann aber doch ganz spannend, „Where the Crawdads Sing“ von Delia Owens, „Little Fires Everywhere“ von Celeste Ng, „The Hitchhiker‘s Guide to the Universe“ von Douglas Adams und „The Giver of Stars” von Jojo Moyes. Kennst du eines der Bücher? Was denkst du darüber?

Lesungen habe ich nicht veranstalten können, aber mein Verlag hat mir geraten, doch einmal auf Amazon eine Werbung zu schalten. Für 300 Euro wurde Emma Peters „Vergiss das mit der Liebe“ bei relevanten Suchen 198.000-mal eingeblendet. 481-mal wurde auf die Werbung geklickt, bislang wurde das Buch daraufhin 33-mal verkauft und erntete eine weitere 5-Sterne Bewertung. Was meint ihr? Zählt das als Erfolg?

Nächste Woche bin ich wieder in München, allerdings nur kurz. Vielleicht sehen wir uns? Falls ihr ein signiertes Buch erwerben möchtet, schickt mir eine E-Mail.

Passt auf euch und die anderen auf! An einer normalen Grippe sterben im Jahr zwischen 290.000 und 650.000 Menschen weltweit. Corona hat das trotz aller Vorsichtsmaßnahmen schon in einem halben Jahr geschafft.

Emma

13.7.2020

George Saunders, Lincoln in the Bardo

Das Buch hat schon lange auf meinem „zu Lesen“ Stapel gelegen. Allein Titelbild und das „Lincoln“ stellte einen Bezug zu einer Zeit her, die mich nicht besonders interessiert hat. Was für ein Pech!

Es ist nämlich ein Feuerwerk von witzigen Ideen und Charakteren -Geistern-, die Willie Lincoln, dem Sohn des Präsidenten, helfen wollen, Frieden zu finden. Ja, es ist Februar 1862. Ja, der Bürgerkrieg tobt seit einem Jahr. Aber die Welt, in die uns George Saunders entführt, ist herrlich irreal und dann auch wieder nicht.

Das Buch beginnt mit einer herzzerreißenden Liebesgeschichte, die, wie sich nach einigen Seiten herausstellt, von einem Toten wiedergegeben wird. Gerade wenn man sich auf diese Perspektive eingelassen hat, wecken widersprüchliche Berichte und historische Zitate (mit Beleg) die Neugier, was denn wohl „wirklich“ passiert ist. (Manche Zitate sind frei erfunden, aber nicht alle).

Es ist nicht so einfach zu entscheiden, wer denn nun der Hauptcharakter des Buches ist: Lincoln, der den Tod seines Sohnes verkraften muss? Willie, der den Vater nicht verlassen will? Die drei Geister, die alle möglichen Anstrengungen unternehmen, das Geschehen zu beeinflussen?

Zitate und wörtliche Rede, etwas anderes gibt es nicht in dem Buch, dafür aber jede Menge Sprecher und Zitate, mit wechselnden Perspektiven und Sprachstilen. Köstlich.

Jeder Geist, auch die vielen, vielen anderen, die zu Wort kommen, wird charakterisiert, nur durch das was und wie er spricht. Lincoln, der Vater, kommt nicht selbst zu Wort. Der Leser sieht ihn ausschließlich durch die Augen der anderen, der Lebenden und der Toten. Die Empathie, die die Geister empfinden, wird auf den Leser übertragen. Die Berichte der Zeitzeugen, um Fakten bemüht, zeigen eine andere, kritischere, auf Geschichtsschreibung bedachte Perspektive auf Lincoln, den Präsidenten.

Das Buch ist brillant, eines der wenigen, das sofort zum Wiederlesen lockt, zumindest einige Stellen. Und so amüsant, so positiv, so erleichternd, obwohl es doch um ein gewichtiges Thema geht: Trauer und Loslassen.

Viel Vergnügen beim Lesen!

Emma

16.6.2020

München hat mich wieder! Ich hatte noch einen Flug, den mir die Lufthansa aber vor vier Wochen gecancelt hat. Und nach Stunden in der Warteschleife anstandslos zurückerstattet. Also einen neuen Flug gebucht, über Brüssel, mit vier Stunden Aufenthalt am Flughafen. Den hat dann Brussels Air gestrichen. Nach langem hin und her haben wir, der Beste aller Ehemänner und ich, dann beschlossen, am Wochenende mit dem Auto zu fahren. Ab der Grenze, an der zwar das technische Hilfswerk Wache hielt, uns aber ungehindert durchließ, Regen. Schnürli im Wechsel mit Fieselregen und Wasserbächen wie aus Bottichen. So sieht die Vertreibung aus dem Paradies aus!

Für Donnerstag habe ich ja eine Lesung angesetzt und ich freue mich auf jeden persönlich mit Maske dabei ist. Ich werde natürlich in meinem Wohnzimmer streng auf Abstand achten. Wer trotzdem das Gefühl hat, er fordert so sein Schicksal heraus, schaltet sich halt per Zoom dazu. Die erste Online Lesung hat mir wirklich Spaß gemacht und den Teilnehmern, denke ich, auch.

Mit „Tess“ habe ich die erste Editorenrunde abgeschlossen. Mir fällt es leichter, wie auch viele gestandene Schriftsteller raten, Schreiben und Fehler Finden deutlich voneinander zu trennen. So habe ich bis jetzt 679 Fragen, Anmerkungen und Fehler gesammelt.

Bevor ich mich daran mache, diese zu bearbeiten, beschäftige ich mich erst einmal mit Recherche, die sich direkt auf die Geschichte bezieht. So lese ich zur Theorie der narzisstischen Persönlichkeit und stelle einen Zeitstrang auf, welche historischen Ereignisse, in der Welt, in Deutschland, in München zu welchem Zeitpunkt der Handlung stattfanden. Welche Musik populär war, welche technischen Errungenschaften den Weg schon in den Büroalltag der 80ger gefunden hatten. Als nächstes werde ich mich dann mehr mit der Vorgeschichte der einzelnen Charaktere befassen. Das ist spannend.

Ich habe an einigen Masterclasses teilgenommen: Margaret Atwood, Neil Gailman, James Patterson. Es zeigt sich einmal mehr, dass nicht jeder, der ein Meister seines Fachs ist, auch ein guter Lehrer ist. Aber es ist trotzdem anregend, solche Meister einmal live zu erleben und über ihre Arbeit sprechen zu hören. Und wenn James Patterson berichtet, dass sein erstes Buch erst vom 31sten Verlag angenommen wurde, dann aber einen Preis als bester Erstlingskrimi des Jahres gewonnen hat, macht das Mut.

Ich lese American Gods von Neil Gailman, über den Kampf der Götter, die mit den Menschen in die USA eingewandert sind, gegen die neuen amerikanischen Götter wie z.B. Miss Media, Mr. Town, wie berichtet Elena Ferantes  „Geschichte eines neuen Namens“, George Saunders „Lincoln in the Bardo“ und Robert McKees Story über Substanz, Struktur, Stil und die Prinzipien des Filmskripts. Nicht, dass ich an ein Filmskript denke. Aber es kann nicht schaden, zu verstehen, worauf es dabei ankommt.

Gebt Acht, auf euch und die anderen!

Emma Peters

8.6.2020

Elena Ferantes, Geschichte eines neuen Namens

Fleiß oder Genie, womit kommt man im Neapel der 50ger Jahre weiter – als Frau?

Geschichte eines neuen Namens ist das zweite Buch in einer bislang vierbändigen Reihe. Das erste habe ich vor einer Weile gelesen, das dritte ist gerade herausgekommen. So habe ich mich daran erinnert, dass das zweite noch auf meinem „Zu lesen Stapel liegt.

Die „Saga“ wie es im Werbetext heißt erzählt die Geschichte zweier begabter Freundinnen in einem Armemviertel im Neapel der 50ger und 60ger Jahre. Zu Beginn des zweiten Bandes ist die eine, Elena, in einen Schulkameraden verliebt, Linu, die andere, mit sechszehn bereits verheiratet, ein fataler Fehler.

Die Geschichte beginnt mit einem blauen Auge und die Spannung setzt darauf, dass der Leser wissen möchte, wie Lina dieser Falle entgeht, in die sie sich, naiv auf ihre Kraft vertrauend, begeben hat. Ob sie sich fügt? Jede von Linas Entscheidungen, macht ihr Leben komplizierter, zieht alle um sie herum in Mitleidenschaft, vor allem auch Elena, die ganz ihrer Natur gemäß nicht aufbegehrt, sondern sich ins Lernen zurückzieht, zumal sie dort Anerkennung findet.

So mag man sich mit keiner der beiden Hauptfiguren völlig identifizieren, versteht durch die Distanz aber die Umstände, den Einfluss anderer Figuren umso besser.

Die Erzählerin ist Elena, die die Freundin bewundert, beneidet, jeden Fehler, jede Verletzung registriert, aber nie mit ihr bricht, weil sie Lina zu gut versteht, weil niemand anderes ihr so nahe steht.

Das Buch ist kein Thriller, zeigt subtile Veränderungen in Verhalten und Beziehungen. Dabei gibt es trotzdem eine Reihe überraschende Wendungen und Entwicklungen, die zum Weiterlesen motivieren.

Ich bin gerne in Elenas Welt eingetaucht. Wie die Erzählerin verliere ich nicht das Interesse an ihrer Freundin oder ihrem eigenen Schicksal. Schon weil das Buch mit einer Überraschung endet, werde ich auch Band 3 und 4 in meine Leseliste aufnehmen.

Gebt Acht, auf euch und die anderen

Emma

15.4.2020

Covid 19 hat auch mich betroffen. Nein, ich bin nicht krank. Nichts desto trotz hat dieser Corona Virus einiges in meinem Leben auf den Kopf gestellt. Ich kann keine Lesungen machen, mein Buch unter die Leute bringen. Hättet ihr Lust auf eine online Lesung? Dank Zoom ließe sich das machen. Also Feedback bitte! Ich bin nämlich in Selbstquarantäne in Frankreich. Da ich meine Mutter sowieso nicht besuchen darf, kann ich auch an einem Ort sein, an dem sich Quarantäne wie Urlaub anfühlt.

Dabei bin ich fleißig. Die eigentliche Geschichte des nächsten Buches werde ich wohl Ende der Woche runtergeschrieben haben, aber das heißt natürlich lange nicht, dass das Buch fertig ist. So wie sich die Geschichte entwickelt, gibt es eine Reihe Szenen, die weiter vorn unbedingt noch eingefügt werden müssen. Dann müssen die Szenen ausgestaltet werden, Flashbacks eingefügt, die Orte, die Personen beschrieben werden, das, was sie tun. Oft habe ich bis jetzt nur blanke Dialoge geschrieben.

Was mein eigenes Lesen angeht, tue ich mich schwer mich auf eine Sache zu konzentrieren. Natürlich habe ich ein paar Wochen lang alles gelesen, was ich wichtig fand, um diese Bedrohung zu verstehen. Interessant, dass auch die Reaktionen und Zeitungskommentare sich auf der KüblerRoss Kurve der Verarbeitung von Trauer und Nachrichten tödlicher Krankheit bewegen: Leugnen – ein Virus wie jeder andere, Zorn – irgendjemand muss etwas falsch gemacht haben, Verhandeln – ist das nötig, wieviel muss ich mich wirklich einschränken, Verzweiflung – über reale oder zu erwartende persönliche Katastrophen wie Jobverlust und schließlich Annahme – notwendig, um neue Pläne für die Zukunft zu schmieden. Mancher verbleibt dabei länger in der 1. Phase und kommt verspätet in Phase 5 an…

Ansonsten lese ich ziemlich Querbeet: Liao Yiwu, ein Sachbuch über die Studentenrevolte in China, Marcel Bagnol, ein Roman über das Leben in der Provence vor hundert Jahren, Hilary Mantel über den Tot von Thomas Cromwell (Lord Siegelbewahrer Heinrich des VIII.) und einen schwedischen Krimi von Lisa Marklund.

Ich hoffe ihr kommt ähnlich gut durch die Krise und ein herzliches Dankeschön an alle, die dafür sorgen, dass wir diese Krise irgendwann hinter uns lassen können.

Gebt auf euch Acht!

Emma Peters

24.3.2020

Ich war sehr neugierig auf „Paradies“, weil Amelie Fried, die Autorin, in einem Interview davon gesprochen hat, dass sie mit mehreren Erzählperspektiven experimentiert, einem Thema, mit dem mich in „Vergiss das mit der Liebe“ auch herumgeschlagen habe.

Es beginnt mit einer Leiche, aber „Paradies“ ist kein Krimi. Vielmehr werden die Geschichten von vier sehr verschiedenen Frauen im Laufe einer Wellnesswoche enthüllt.

Mit der Leiche ist dem Leser von Anfang ein Rätsel gestellt. Aber es ist nicht das Rätsel, um das es geht, sondern das Wesentliche sind die Befindlichkeiten und Verletzlichkeiten, die die Ereignisse auf der Insel hervorbringen.

Amelie Fried legt sich nicht auf eine Protagonistin fest. Deshalb ist es schwierig eine Kernaussage auszumachen. Für alle Frauen geht es aber wohl darum zu bestimmen wieviel Egoismus gesund und richtig ist.

Die Erzählperspektive wechselt von einer der Frauen zu nächsten. Die inneren Dialoge beziehen der Leser in die zu fällenden Entscheidungen ein. Jede Frau hat eine andere Sicht auf die Welt, mit der sich der Leser auseinandersetzt, und auch ein anderes Vokabular. Mir scheint Petra dabei der schlüssigste Charakter, dessen Veränderung am ehesten nachvollziehbar ist.

Eine Reihe unglücklicher Zufälle und Wendungen schüren die Konflikte unter den Wellnessurlaubern bis zum läuternden Tiefpunkt. So bleibt der Leser engagiert, ergreift Partei.  

Fazit: Gute Unterhaltung. Das Buch bestätigt alle meine Vorurteile gegen eine solche „Gruppentherapie“. Es ist so lebendig erzählt, dass mir diese Erfahrung aus zweiter Hand völlig ausreicht.

9.3.2020

ich bin wieder online! Nach drei Monaten bin ich letzte Woche wieder in Frankreich angekommen und es bestätigt sich, dass das eine viel zu lange Zeit war. Die Batterie vom Auto war platt, die Waschmaschine macht keinen Mucks, an der Decke ist ein großer Wasserfleck, da hat der Wind wohl den Dachziegeln zu sehr zugesetzt, und es gibt keine Verbindung zu Orange, also kein Telefon, kein Fernsehen und kein Internet. Aber heute hat mir Orange 200 Go spendiert, so kann ich wenigstens übers Handy und Hotspot ins Internet, bis dann der Knoten an der Straße ausgewechselt wird.

Zu den Verkäufen von „Vergiss das mit der Liebe“ kann ich nichts Neues berichten, die nächste Abrechnung gibt es erst im April. Ich fände es super, das Buch würde sich verbreiten wie der Coronavirus. Für jeden, der es gern gelesen hat, drei weitere Infizierte und dabei völlig ungefährlich.

In Sachen Buch Promotion habe ich als letztes eine Leserunde bei lovelybooks angefangen. Lovelybooks ist eine Webseite, Heimat für Buchliebhaber und Lesebegeisterte. Leser finden hier jede Menge Rezensionen zu allen möglichen Büchern und dann auch Anregungen, was aufgrund der Bewertung der selbst gelesenen Bücher gefallen könnte. Autoren oder Verlage können zu Leserunden einladen, einige Bücher kostenlos zur Verfügung stellen, und dann mit den Lesern diskutieren. In der Regel stellen die Leser dann eine Rezension bei lovelybooks und auch bei den wichtigsten online Buchläden ein. Diese können durchaus kritisch sein. Bis jetzt gibt es für Käthe nur fünf Sterne.

Die Rezensionen wiederum sind wichtig für mich, weil ich jetzt doch noch ausprobieren will, ob nicht ein Verlag Interesse an dem Buch hat. Da werden Kommentare, die Leser gemacht haben, auch berücksichtigt.

Von einem Profi hat es dann auch schon eine etwas kritischere Beurteilung gegeben. Kann ich gar nicht gut vertragen! Einige Fragen, die da aufgeworfen werden, möchte ich gerne an euch, die ihr das Buch gelesen habt, weiterleiten:

Ist euch klar geworden, warum Käthe unbedingt in Essen bleiben, bzw. wieder dorthin zurück möchte?

Ist verständlich, warum Käthe sich drein gibt und in den Zug nach Den Haag steigt?

Sind die verschiedenen Aspekte von Ännes Krankheit – vorgetäuscht, ausgenutzt, ernsthaft – plausibel?

Würde mich freuen zu hören, was ihr darüber denkt.

„Tess“, der nächste Schreibversuch, ist inzwischen auf 24000 Wörter anagewachsen. Ich schreibe jetzt erst einmal die Geschichte selbst, das was passiert, herunter. Die Feinheiten kommen später.

Wenn ihr bei einer der Lesungen am 19.3. in der Mauerkircherstraße und am 26.3. in Grünwald dabei sein möchtet, meldet euch.

Viele Grüße

Emma Peters

17.2.2020

Wie ihr vielleicht wisst, lese ich sehr gerne Krimis. Die von Michael Böckler und Pierre Martin möchte ich euch heute gerne ans Herz legen.

Bei den Krimis gibt es eine Reihe verschiedener Genres, die sich im Grunde nach der Rolle des Protagonisten unterscheiden. Da gibt es die, in denen ein Meisterdetektiv ermittelt, als Polizist oder als Privatdetektiv oder die, in denen ein völlig ungeeigneter Amateur nach Antworten sucht; die, die über den Kriminalfall durch die Brille des Anwalts, des Reporters oder des zu Unrecht inhaftierten berichten. Und es gibt die, in denen der Übeltäter im Recht ist, als Spion gegen den Erzfeind, als kleiner Betrüger gegen einen mächtigen Bandenboss.

Immer geht es darum ein Rätsel zu lösen. Diese Suche nach Spuren und Hinweisen bezieht dich als Leser sehr aktiv in das Geschehen ein. Befriedigend ist so eine Geschichte, wenn du den Mörder selbst gefunden hast, aber maximal eine Seite, bevor dies der Detektiv tut. Am Ende siegt die Gerechtigkeit.

In den Rätseln um einen Mord – murder mysteries – gibt es bestimmte Szenen, die immer vorkommen müssen, ohne die das Rätsel nicht funktioniert. Zuerst einmal muss eine Leiche gefunden werden – oder der Hinweis auf ein Verbrechen. Dann braucht es jemanden der sich dieses Verbrechens annimmt, ein Detektiv. Der braucht einen Assistenten, jemanden der ihm hilft, die Dinge herauszufinden, die der Detektiv nicht herausfinden kann – er ist ja schließlich kein Superheld. Meist gibt es jemanden, der dem Detektiv Steine in den Weg legt, ein Staatsanwalt wird gerne genommen.

Eigentlich ist auch die Handlung sehr vorherbestimmt: die möglichen Verdächtigen müssen identifiziert werden – es ist sehr unbefriedigend, wenn der Täter nicht schon im ersten Viertel wenigstens als Statist auftaucht. Es muss geklärt werden, wer ein Motiv hat, wer die Gelegenheit zur Tat hatte, also zur rechten Zeit am rechten Ort sein konnte und wer Zugang zur Mordwaffe hatte. Dann muss der Nachweis erbracht werden, dass der so Gefundene wirklich der Täter ist. Falsche Spuren und Irrtümer sind erwünscht.

Bei  so vielen Vorgaben für ein Rätsel um einen Mord, wie kann es da gelingen, dass eine Geschichte nicht langweilig wird?

Die Ermittler spielen da eine tragende Rolle, denn mit denen identifizierst du dich als Leser. Madame le Commissaire mit ihren zwei Liebhabern und ihr ungeschickter Assistent Apollinaire bilden ein herrliches Team bei Pierre Martin. Der arbeitsscheue Weinliebhaber Baron Emilio von Ritzfeld-Hechenstein und die ihn heimlich unterstützende Mariella, Vorzimmerdame von Commissario Sandrini bei Michael Böckler bilden ebenfalls eine ausgefallene Projektionsfläche.

Wenn dann die Rätsel noch gut ausgedacht sind, steht dem Lesevergnügen nichts im Weg, auch für mehrere Bände in Folge. Es gibt Millionen von Wegen von der Leiche zur Gerechtigkeit.

Viel Spaß beim Lesen!

Emma Peters

4.2.2020

die erste Frage, die mir meine Freunde stellen, wenn ich sie treffe, ist ziemlich vorhersehbar: „Wie geht es deinem Buch?“ Deshalb gleich als Erstes: ich bin sehr zufrieden. Von einem Buch werden im Schnitt im ersten Jahr 250 Exemplare verkauft. „Vergiss das mit der Liebe“ hat in den ersten zwei Wochen 225 Mal einen neuen Besitzer gefunden. Was seitdem passiert ist, kann ich leider nicht sagen, denn die Abrechnung erfolgt in größeren Abständen, vielleicht nur einmal im Quartal. Ich stehle mich immer mal wieder auf die Verlagswebseite, aber da steht immer noch eine 225. Dabei weiß ich, dass nach dem letzten Abrechnungsdatum Bücher verkauft wurden, auch E-books, und die waren in der letzten Abrechnung noch nicht enthalten. Jedenfalls habe ich mir schon einmal das nächste Ziel gesteckt. Die erste Auflage von Harry Potter betrug 500 Stück, also ist 500 der nächste Meilenstein.

Was natürlich noch viel erfreulicher ist, sind die Rückmeldungen und Rezensionen, die von den ersten, die das Buch gelesen haben, eintrudeln. Manche sind erstaunt, dass das Buch Ihnen gefallen hat, andere sagen einfach: „Schreib weiter!“. An alle, die schon soweit sind: man kann auf Amazon auch eine Rezension oder auch nur eine Sternebewertung abgeben, selbst, wenn man das Buch nicht dort gekauft hat. Für mein Buchmarketing ist es sehr nützlich, wenn sich dort möglichst viele Bewertungen finden. Ihr helft mir also sehr, wenn ihr euch dafür ein paar Minuten Zeit nehmt.

Die zweite Lesung, diesmal in Garching im Pichlmayer Haus, habe ich vor etwa dreißig Zuhörern gehalten. Hinterher hat jemand gemeint, ich sollte doch auch ein Hörbuch aufnehmen, also muss es ganz gut gewesen sein und ein paar Exemplare habe ich auch signiert.

Inzwischen bin ich mit der Planung für das nächste Buch durch und habe tatsächlich schon wieder ein paar tausend Wörter geschrieben. Ich hatte ja ursprünglich mal gedacht, ich würde über Jobsuche und Arbeitsbeginn von Frauen in vier verschiedenen Generationen schreiben. Aus dem ersten Erzählstrang mit Käthe ist dann „Vergiss das mit der Liebe“ geworden. Die Geschichte, an der ich jetzt schreibe, spielt zwei Generationen später, ist also eigentlich Band drei. Zu Band zwei hatte ich einfach noch keine Ideen, ich habe keine Lust auf eine graue Nachkriegsgeschichte. Band drei mit dem Arbeitstitel „Tess“ spielt Anfang der 80ger Jahre. Die Recherche macht echt Spaß, so viele Erinnerungen!

Wie ihr wisst, ist ja bald Valentinstag. Oder kommt der für euch ähnlich plötzlich wie Weihnachten? Wenn ihr mit dem Buch jemandem eine Freude machen möchtet, vergesst nicht eine Karte dazuzulegen: „Ich hab‘ das mit der Liebe nicht vergessen!“ Trotz Mädchencover und „Liebe“ im Titel macht das Buch anscheinend auch Männern Spaß.

Und den wünsche ich allen, die das Lesevergnügen noch vor sich haben!

Emma Peters  

21.1.2020

„Was wir zu hoffen wagten“ Der große Berlin Roman zum Gründungsjubiläum der Weimarer Republik. Michaela Saalfeld.

Der Roman spielt etwa zur gleichen Zeit vor und während des 1. Weltkrieges wie „Vergiss das mit der Liebe“ von Emma Peters. Auch hier geht es um eine junge Frau und ihre Familie, nur stammt diese aus Berlin, nicht dem Ruhrgebiet und trägt einen Adelstitel, keine Kittelschürze.

Die Protagonistin, die strenge, unkonventionelle Felice, älteste von drei Geschwistern, will nicht nur Jura studieren, sondern auch in den Referendardienst eintreten, gut genug ist sie allemal. Die Zulassung dazu wird ihr allerdings – weil Frau – verwehrt. Ihr Bruder Willi träumt vom Film und fällt durchs Abitur und die jüngste Schwester Ille betet Felice an, geht ihr jedoch nur auf die Nerven. Die Wege, die sie jeweils wählen, um die ihnen gesetzten Grenzen zu sprengen, sind unbefriedigend und zum Scheitern verurteilt. Dann kommt der Krieg, und die Karten werden neu gemischt.

Als Historikerin ist Michaela Saalfeld hervorragend gerüstet, die großen politischen und militärischen Ereignisse anhand vieler kleiner Details zu illustrieren. Sehr glaubhaft sind die Charaktere in der ausgehenden wilhelminischen Zeit verwurzelt, das Zusammenspiel von historischen Fakten und interessanten Charakteren gelingt wunderbar. Unbedingt will man das Schicksal der Geschwister und der Menschen, die sie lieben weiterverfolgen und keine der Beziehungen ist unkompliziert.

Die Antagonisten, alte weiße Männer, die sich an ihrer Macht festhalten, sind es, die den furchtbaren Krieg vom Zaun brechen und weit über die Grenze des erträglichen aufrechterhalten. In den Personen von Benno und Berndt erhalten sie ein Gesicht, dass der Leser gerne verabscheut.

Die Marotten der Oma Hertha und der ironische Ton von Quintus Quirin liefern ein humorvolles Gegengewicht zu den gewichtigen Fragen der Handlung.

Patriarchat und Emanzipation, alter Ehrenkodex und moderne Technik, Loyalität und Verrat prallen an allen Ecken aufeinander. Glückliche und unglückliche Zufälle, kluge und weniger kluge Entscheidungen führen zu einer Reihe von unerwarteten Wendungen.

Allein die Frage, wie sich der unrealistische Wunsch, Juristin zu werden, wohl verwirklichen lässt, baut von Anfang an Spannung auf. Das mehrmals verwendete Element einer Frau zwischen zwei Männern sorgt ebenfalls für schwierige Entscheidungen mit ungewissem Ausgang und dann ist da ja noch die Todesgefahr, zu Hause und an der Front. So bleibt es bis zur letzten Seite ungewiss, ob der Leser das Buch am Ende zufrieden zuschlagen kann.

Besonders gefallen haben mir die Szene am Theater, Quirins charmante Art und Mos Briefe von der Front. Schön fand ich Sätze wie:

„Kinder wollen geliebt werden, junge Erwachsene vor allem verstanden“

„Unter dem ganzen Haufen neuer Wunderwaffen, die in diesen Krieg geschleppt werden, ist Film die wirksamste“.

Stellenweise, vor allem am Anfang ist die Distanz zum Leser noch groß, erst im zweiten Teil taucht man richtig in die Gefühlswelt der Charaktere ein. Wer diese Mischung aus Eintauchen in eine andere Zeit und Mitfühlen mit der Protagonistin zu schätzen weiß, dem wird „Was wir zu hoffen wagten“ sicher Freude bereiten.

Die Autorin und Historikerin Michaela Saalfeld ist Spezialistin für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts und hat sich mit ihrem ersten Roman Was wir zu hoffen wagten einen lebenslangen Wunsch erfüllt. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.

8.1.2020

Hast du dich auch gefragt, wieviel von „Vergiss das mit der Liebe“ aus der Geschichte meiner eigenen Familie stammt, was davon „wahr“ ist?

Nun, meine Großmutter hieß tatsächlich Käthe Klingebiel.

Sie ist wie ihre Schwestern Grete und Lisbeth und tausende andere Mädchen aus dem Ruhrgebiet als Hausmädchen nach Den Haag gegangen, als es nach dem ersten Weltkrieg in Essen nur geschlossene Fabriken, Generalstreik und Arbeitslosigkeit gab. Es gibt ein Foto der drei Schwestern am Strand von Scheveningen. Das ist dann auch schon alles, was die echten Klingebielmädchen mit denen in meiner Geschichte gemein haben.

Ich hatte mir in einer frühen Version des Buches die Namen meiner Großtanten und Onkeln ausgeliehen, weil sie so gut zu der Zeit passten. Einen ganzen Tag habe ich versucht die Namen durch andere zu ersetzen. Aber es hat sich nicht richtig angefühlt. Zu meiner Käthe passt kein anderer Name als Käthe!

Dann der Nachname: ich habe im Eichsfeld nach einem passenden Namen gesucht, Telefonbücher gewälzt, Genealogien studiert. Ein Bild sollte der Name malen, drei Silben haben, ein Wappen tragen. Ich bin nicht fündig geworden und außerdem sicher, dass meine Großmutter mir den Namen gerne leiht.

Eine ganze Doktorarbeit wurde zu dem Thema der deutschen Dienstmädchen in Holland geschrieben (Barbara Henkes, Heimat in Holland, De Geus 1995). Auf dem Titelbild steht ein junges Mädchen mit einem Pappkarton und einem Fräulein von der Bahnhofsmission mit einer hellen Armbinde vor einem 3. Klasse Eisenbahnwagon. Irgendwie haben die beiden ihren Weg in „Vergiss das mit der Liebe“ gefunden.

Der Krieg, den gab es tatsächlich, da habe ich mir nichts ausdenken müssen. Weil so viele andere schon so viel klüger darüber geschrieben haben, habe ich mich auf einige wenige Erwähnungen beschränkt. Ich musste Becker ordentlich im Zaum halten. Wenn der einmal anfängt zu dozieren…

Wenn du das Buch schon gelesen hast und es dir gefällt, würde ich mich sehr über eine Rezension bei Hugendubel, Amazon oder einem anderen online-Buchhändler freuen. Falls du Fehler gefunden hast, schick sie mir lieber über das Formular unten 😊 Du hast die Lektüre noch vor dir? Dann hoffe ich, du hast so viel Spaß beim Lesen, wie ich beim Schreiben!

*Ein solcher Werbelink löst eine Provisionszahlung von Amazon an Emma Peters aus, wenn ein Kauf getätigt wird

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Als Dankeschön sende ich dir ein Auswahl der Bücher, die ich für das Projekt Käthe gelesen habe, Historisches, Romane, Kulturelles. Die Liste ist nicht vollständig, aber vielleicht findest du dabei trotzdem ein paar Anregungen.




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